Evangelische Kirchengemeinde Kornelimünster-Zweifall

Im Hromadka-Haus können minderjährige Flüchtlinge sich zu Hause fühlen

Gebäudekomplex in Stolberg-Zweifall mit Fest und Tag der offenen Tür offiziell eröffnet – Viele Nachbarn sehen sich neue Einrichtung an

Naqibullah zeigt einer älteren Dame sein Zimmer: ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. An der Wand das selbst gemalte Bild einer afghanischen Flagge, verziert mit Luftschlangen. „Schön aufgeräumt und geputzt ist es bei dir“, lobt die Besucherin den 15-Jährigen, der etwas verlegen lächelt. Naqibullah ist seit vier Monaten in Deutschland. Er spielt gerne Fußball und besucht eine internationale Klasse an der Berufsschule Stolberg. Als einer von etwa zwanzig unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wohnt er jetzt im „Hromadka-Haus“ in Stolberg-Zweifall und wird dort vom Zentrum für soziale Arbeit betreut.

Pfarrhaus von 1883 ist Zentrum des Gebäudekomplexes

„Wir fühlen uns hier sehr gut angenommen, und ich bin überwältigt von der Spendenbereitschaft der Nachbarn“, sagte Gilbert Vermeulen, Teamleiter der drei Wohngruppen, bei der offiziellen Eröffnung des Hauses am vergangenen Wochenende. Das Haus habe zum Beispiel eine Tischtennisplatte und einen Kühlschrank geschenkt bekommen, und die Reaktion der vielen Besucher sei durchweg positiv. In Führungen stellte Vermeulen Interessierten die drei Häuser des Komplexes vor: das ursprüngliche Pfarrhaus von 1883 in der Mitte und nebenan die Häuser aus den Jahren 1971 und 1980, in denen nun die „Clearing-Gruppe“, die „Regelgruppe“ und die „Verselbständigungs-Gruppe“ untergebracht sind.

Drei Wohngruppen für unterschiedliche Phasen des Aufenthalts

Wenn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Region von der Polizei aufgegriffen werden, oft am Grenzübergang Lichtenbusch oder am Aachener Hauptbahnhof, werden sie zunächst in die Clearinggruppe gebracht. Dort bleiben sie zwei bis drei Monate. In dieser Zeit können sie zur Ruhe kommen, während ihre Fluchtgeschichte geklärt und sie beim Ausländeramt angemeldet werden, ein Schulplatz gefunden ist und sie erste Deutschkenntnisse erwerben. Danach wechseln sie in die Regelgruppe. Schließlich bereitet eine Phase in der Verselbständigungs-Gruppe sie auf das Leben außerhalb der Betreuung vor, wenn sie selbst mit Geld umgehen und einen Haushalt führen, kochen und sich allein organisieren müssen. Derzeit leben Jugendliche vor allem aus Afghanistan, Syrien, Somalia, Guinea und dem Irak in den Gruppen.

Betreuung rund um die Uhr

Ein Betreuer schläft auch im Hromadka-Haus, so dass rund um die Uhr ein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Wenn die Jungen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren dort ankommen, sei ihre erste Frage oft „Wann bekomme ich einen Schulplatz?“, erzählt Sozialpädagoge Vermeulen. „Die meisten sind sehr engagiert und motiviert, was die Schule angeht“, sagt er. Doch auch außerhalb der Schule müssten sie vieles über das Leben in Deutschland lernen. „Wir bringen den Jungs hier nicht nur Deutsch bei, sondern auch deutsche Tischkultur und Essmanieren, oder wie eine Dusche funktioniert.“ Und als die Besuchergruppe etwas ungläubig lacht, fügt er hinzu: „Viele kennen das nicht aus ihren Heimatländern. Wir müssen ihnen erst erklären, dass man sich da drunterstellen soll.“

Ökumenische Andacht bittet um Gottes Segen für das Haus und seine Bewohner

Die drei Gebäude des Hromadka-Hauses sind Eigentum der Evangelischen Kirchengemeinde Kornelimünster-Zweifall. Diese hat sie an den Evangelischen Frauenverein Aachen verpachtet, der wiederum Träger des Zentrums für soziale Arbeit (ZfsA) ist. Seinen Namen erhielt das Haus zu Ehren von Josef Hromadka, einem bedeutenden tschechoslowakischen Theologen, der  sich für die Ökumene, die Christliche Friedenskonferenz und eine Überwindung des Ost-West-Gegensatzes engagierte.

Als Vertreterin des Presbyteriums der Kirchengemeinde erinnerte Margit Dunker zu Beginn des Festes und des Tages der offenen Tür am Samstag an die Geschichte des Hromadka-Hauses und drückte ihre Freude darüber aus, dass jetzt junge Menschen dort einen sicheren Ort gefunden haben. Anschließend hielten die evangelische Pfarrerin Ute Meyer-Hoffmann und die katholische Gemeindereferentin Gisela Ortmann eine Andacht, in der sie um Gottes Segen für das Haus und alle die in ihm leben und arbeiten baten. „Wir sind froh, dass das Haus wieder genutzt wird, und mit einer so guten Nutzung, bei der wir voll dahinterstehen“, sagte Pfarrerin Meyer-Hoffmann. Die Reaktionen der Nachbarn und auch der anderen Einwohner von Zweifall, aus dem Fußball- und dem Schützenverein, seien sehr positiv gewesen. „Auch in der Seniorenarbeit setzen wir uns jetzt damit auseinander“, so die Pfarrerin. "Viele ältere Menschen haben noch eigene Erfahrungen in dieser Richtung und können das Schicksal der jungen Flüchtlinge gut nachvollziehen.“

Fußballfeld als großer Wunsch für die Jugendlichen

Als sehr bewegend empfanden viele Gäste auch das Gedicht „Ich stehe vor deinen Toren“ von Hidir Eren Celik, das eine marokkanische Erzieherin zu Beginn der Veranstaltung vortrug. „Es trieb mich meine Würde zu Euch, als Mensch frei zu leben / Lass mich rein, um ein Teil deiner Zukunft zu werden“, heißt es in dem Text. „Das Gedicht gibt wieder, was ich erlebe, wenn ich mit den jungen Flüchtlingen arbeite“, sagte sie. Seit einem Monat betreut El-Kharoiti die Jugendlichen der Clearinggruppe. Das Hromadka-Haus habe ihre Erwartungen übertroffen, weil es ein wirkliches Heim für die jungen Menschen sei, in dem sie sich zu Hause fühlen könnten, erzählt sie. Wie auch Teamleiter Gilbert Vermeulen ist sie froh und dankbar über die vielen Spenden, die dem Haus und seinen Bewohnern bisher zugute gekommen sind. Nun, so betonen beide, seien Sachspenden aber nicht mehr das Dringendste, weil alles nun gut ausgestattet sei. Was alle Bewohner und Mitarbeiter des Hromadka-Hauses sich jetzt vielmehr wünschen, ist ein Fußballfeld auf der großen freien Rasenfläche hinter dem Haus, um den Jugendlichen, von denen viele sehr gern Fußball spielen, eine weitere Beschäftigungsmöglichkeit zu geben.

(Text und Bilder: C. Braun / Kirchenkreis)


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